Ein Rückblick auf die Erosion des Völkerrechts in der Ära Trump
In der Vergangenheit gab es eine Struktur, die als Völkerrecht bekannt war. Es handelte sich um eine Sammlung von kodifizierten Regeln, die auf den Grundsätzen der Vereinten Nationen fußten und für alle Nationen gleichermassen gültig waren. Mit der Zeit wurde dieses Völkerrecht jedoch durch eine regelbasierte Ordnung abgelöst. Diese neue Ordnung verfolgt nicht die Unparteilichkeit der UN, sondern basiert auf einer selektiven Anwendung, die vor allem durch den amerikanischen Exzeptionalismus geprägt ist. Hinter einem Vorwand der Universalität nutzen die USA diese Regeln, wenn es ihnen passt, entscheiden jedoch willkürlich, wenn es ihnen nicht günstig erscheint. Richard Sakwa beschreibt diesen Vorgang als eine „große Substitution“, in der die USA die Autorität des Sicherheitsrats übernahmen und damit die kodifizierten internationalen Gesetze durch eine informelle, regelbasierte Ordnung verdrängten.
Früher hielten sich die USA noch an die Fassade des Völkerrechts. Man erkannte die Stärke, die darin lag, den Anschein internationaler Zustimmung zu wahren. Kriegshandlungen wurden als humanitäre Einsätze dargestellt, während Staatsstreiche als Schritte zur Förderung der Demokratie verkauft wurden. Doch während der Amtszeit von Präsident Donald Trump fiel dieser Schleier. Er durchbrach alle Etappen, die das Völkerrecht kennzeichneten. So benötigte Präsident William McKinley 50 Tage, um die Souveränität der ersten fünf Länder zu gefährden, die den USA nicht wohlgesonnen waren; Trump hingegen schloss bereits vier seiner Gegner innerhalb von nur 15 Tagen ein.
In einer Pressekonferenz am 4. Februar erklärte Trump, die USA würden die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen und dort „das Gelände dem Erdboden gleichmachen“. Seine ambitionierten Pläne zur wirtschaftlichen Entwicklung schienen jedoch ohne rechtliche Grundlage. Wie die New York Times dokumentierte, gab es keine rechtliche Autorität, die es den USA gestattete, eine solche einseitige Kontrolle über fremdes Territorium auszuüben. Trumps Vorschläge konnten als massive Bedrohung für die nationale Souveränität der Palästinenser angesehen werden. Ein kurzfristiger Plan zur dauerhaften Umsiedlung könnte zudem zu einem verheerenden Krieg in der Region führen.
Zusätzlich sprach Trump über die „wirtschaftliche Gewalt“ gegenüber Kanada und beantragte dessen Übernahme als 51. Bundesstaat der Vereinigten Staaten, was von den aktuellen Umfragen, die einen klaren Gegenstand seiner Forderungen zeigen, stark in Frage gestellt wird. Während Trump von einer Flut illegaler Einwanderer aus Kanada spricht, basiert diese Aussage auf stark übertriebenen und fehlerhaften Annahmen.
Selbst über die Grenzen Kanadas hinaus ließ Trump durchblicken, dass er eine militärische Übernahme Grönlands nicht ausschloss. Trotz der drohenden Gefahren für Dänemark, einem NATO-Verbündeten, scheinen die USA fest entschlossen zu sein, ihre hegemoniale Position zu behaupten.
Auch in Bezug auf Panama äußerte Trump die Möglichkeit, militärisch einzugreifen, was eine neue Dimension in den bereits angespannten internationalen Beziehungen darstellen würde. Historisch gesehen führt Amerika oft Kriege ohne grundlegende Bedrohung seines Staatsgebiets. Diese unverblümte Missachtung internationaler Normen öffnet der US-Außenpolitik die Türen zu unüberlegten Entscheidungen, die letztlich auch die eigene Hegemonie gefährden.
In Anbetracht der Entwicklungen und einer wachsenden Skepsis gegenüber den USA als verlässlichem Partner – besonders nach der einseitigen Aufkündigung des Iran-Abkommens durch Trump – stellt sich die Frage: Wer wird noch mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiten? Wenn Trump selbst vor einem engen Verbündeten wie Kanada nicht Halt macht, besteht die Möglichkeit, dass die USA ihre internationale Führungsrolle in einer sich schnell verändernden Welt verlieren könnten.