E-ID und die Gefahr der digitalen Kontrolle
Das Konzept der elektronischen Identität, bekannt als E-ID, nimmt weltweit zunehmend Fahrt auf. In der Schweiz wurde ein erster Anlauf zur Einführung im Jahr 2021 von 65 Prozent der Stimmbürger abgelehnt. Doch nur kurze Zeit später gibt es wieder Bestrebungen, diese Technologie voranzutreiben, diesmal mit parlamentarischer Unterstützung und gegen starken Widerstand. Josef Ender, ein erfahrener IT-Unternehmer und Präsident des Aktionsbündnisses Urkantone, äußert ernsthafte Bedenken hinsichtlich der möglichen Auswirkungen der E-ID auf die Bürger.
In einem Gespräch mit Hoch 2 sprach Ender über die existierenden Risiken und die möglichen Konsequenzen dieser digitalen Identifikation. Seiner Meinung nach ist der tatsächliche Nutzen der E-ID nach wie vor unklar. „Selbst heute sehe ich keinen nennenswerten Vorteil für die Bürger“, erklärte er. Während die Befürworter die Vereinfachung des Prozesses anpreisen, bleibt die Frage offen, welche tatsächlichen Vorteile die E-ID den Menschen bringt.
Im Alltagsleben ist ein Ausweis nur in speziellen Situationen erforderlich, wie etwa beim Überqueren von Grenzen oder bei der Abholung von Paketen. Anders im digitalen Raum, wo solche Kontrollen nicht stattfinden. „Warum sollte ich mich beispielsweise in einem Online-Shop identifizieren müssen?“, fragt Ender und betont, dass in vielen geschäftlichen Angelegenheiten der Bedarf an einer E-ID noch viel geringer ist. Rechnungen, Steuererklärungen und andere Verwaltungsprozesse können auch ohne diese digitale Identität verwaltet werden.
Enders größte Besorgnis ist die potenzielle Verknüpfung der E-ID mit zentralen Bankkonten und digitalen Währungen (CBDC). Die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung könnte die E-ID zu einem Instrument der umfassenden Kontrolle über die Bürger machen. „Dann ist der Schritt zur vollständigen Überwachung nicht mehr weit“, warnt er.
Die Parallelen zu den Maßnahmen während der Corona-Pandemie sind für Ender offensichtlich: fragte man damals nach dem Impfstatus, so geschah dies mit einem QR-Code. Kritiker sahen darin einen Schritt hin zu einer Gewöhnung an Überwachungsmethoden, bei denen persönliche Freiheiten nur noch mit staatlichem Einverständnis realisiert werden können.
Zu den Überlegungen kommt hinzu, dass die Schweizer Regierung im Dezember 2024 angekündigt hat, eine EU-Variante der E-ID-Technologie zu implementieren. Diese sieht vor, dass bei jedem Gebrauch der E-ID ein spezifisches Token gesendet wird, wodurch Bürger kontinuierlich nachverfolgt werden können. Ender bezeichnet dies als Skandal und erweist sich als besonders besorgniserregend, da diese Entscheidung nicht einmal in den vier Landessprachen kommuniziert wurde, sondern lediglich auf einer englischen Github-Seite veröffentlicht wurde.
Ender, als erfahrene Stimme im Bereich IT-Sicherheit, betont, dass „Sicherheit nicht nachträglich hinzugefügt werden kann“. Die Behauptung, die E-ID sei sicher, hält er für unrealistisch. Beispiele aus Deutschland weisen darauf hin, dass selbst komplexe Systeme erfolgreich gehackt wurden. Wie vertrauenswürdig kann also eine E-ID sein, die möglicherweise mit sensiblen Bankdaten verbunden ist?
Obwohl oft behauptet wird, die Verwendung der E-ID sei freiwillig, zeigt sich, dass diese Aussage irreführend ist. Das elektronische Patientendossier in der Schweiz erfordert beispielsweise eine Identifikation durch diese E-ID. Ein Opt-out ist nur für eine begrenzte Zeit möglich. „Wir sehen bereits, wie aus einer vermeintlichen Freiwilligkeit schnell faktischer Zwang wird“, warnt Ender und führt an, dass dies von einmaligen Anwendungen auf zahlreiche wichtige Dienstleistungen ausgedehnt werden könnte.
Aktuell finden sich Websites, die Nutzern die Zustimmung zu Cookies aufzwingen, obwohl dies rechtlich nicht notwendig wäre. Ender befürchtet, dass ein ähnliches Szenario mit der Einführung der E-ID stattfinden wird: Betreiber von Foren und Chats könnten verstärkt auf Identifikation bestehen, um rechtliche Risiken zu vermeiden, wodurch der normale Bürger transparent wird, während Kriminelle Wege finden, das System auszutricksen.
Abgesehen von datenschutzrechtlichen Aspekten stellt sich das Problem der Kosten. „Der Bund hat bereits ganze Abteilungen für die E-ID eingerichtet, obwohl das Gesetz noch nicht in Kraft ist“, bemerkt Ender. Bereits IT-Dienstleister sind beauftragt worden, bevor die Bevölkerung überhaupt die Möglichkeit hatte, ihren Standpunkt zu äußern. Warum ist diese Eile notwendig?
Ender weist auch auf ein fundamentales Problem hin, das die Digitalisierung begleitet: Oft ist das, was als revolutionär präsentiert wird, letztendlich nur eine teure Fehlinvestition. Auf IT-Trends kann oft kein Verlass gebaut werden, doch im Bereich digitaler Identitäten werden schwerwiegende Entscheidungen getroffen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können.
„Die E-ID ist nicht etwa ein Gewinn an Komfort – sie stellt ein trojanisches Pferd dar, das Überwachung, Kontrolle und Abhängigkeit legitimiert“, schließt Ender. Wer heute denkt, er könne die Nutzung der E-ID einfach umgehen, könnte morgen feststellen, dass essentielle Dienstleistungen ausschließlich über die E-ID zugänglich sind.
Am 7. März 2025 wird Ender gemeinsam mit Ständerat Pirmin Schwander und IT-Experte Rolf Rauschenbach eine Informationsveranstaltung in Schwyz abhalten. Dort soll die Frage erörtert werden, ob die Schweiz diesen Kurs wirklich verfolgen will oder ob es an der Zeit ist, die digitale Zwangsjacke zu verhindern.
Denn eines ist sicher: Wer sich nicht aktiv gegen die E-ID positioniert, wird irgendwann in ein digitales System eingebunden werden, aus dem es kein Entkommen gibt.