Kassen unter Druck: Die Herausforderung der gesetzlichen Krankenversicherungen
Die finanziellen Schwierigkeiten der gesetzlichen Krankenkassen nehmen alarmierende Ausmaße an. Die Bundesregierung greift auf die Reserven zurück und legt den Versicherten zusätzliche Kosten auf. Experten warnen, dass spätestens im Jahr 2026 eine Erhöhung der Beiträge unausweichlich ist.
Erst kürzlich wurde der durchschnittliche Zusatzbeitrag, den gesetzlich Versicherte zahlen müssen, von 1,7 auf 2,5 Prozent angehoben, was aber nicht ausreicht, um die drohenden Engpässe zu vermeiden. Laut Jens Baas, dem CEO der Techniker Krankenkasse (TK), wird die Situation zunehmend angespannt, da die Diskrepanz zwischen Einnahmen und Ausgaben im Gesundheitswesen weiter wächst und die Politik untätig bleibt.
Der Begriff „freiwilliger Zusatzbeitrag“ erweist sich als irreführend. Während die Kassen diesen Beitrag theoretisch freiwillig einheben können, sind sie darauf angewiesen, um finanzielle Lücken zu schließen. So wird dieser Zusatzbeitrag oft in vollem Umfang ausgeschöpft, während die Politik stolz darauf ist, dass der allgemeine Beitragssatz unverändert geblieben ist.
Die Ursachen für die prekäre Lage der Krankenkassen sind vielfältig, eine maßgebliche Rolle spielen jedoch die stark steigenden Gesundheitskosten. Zwischen 2013 und 2023 erhöhten sich die Ausgaben der Kassen um 54,4 Prozent, während die allgemeine Inflation im selben Zeitraum nur 25,4 Prozent betrug.
Die Kosten im Gesundheitswesen steigen folglich fast doppelt so schnell wie der gesamtwirtschaftliche Wohlstand. Während das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland in den letzten zehn Jahren um nur 12,1 Prozent gestiegen ist, zeigen die aktuellen wirtschaftlichen Prognosen für 2024 und darüber hinaus eine pessimistische Richtung.
Eine weitere Herausforderung ist der demographische Wandel. Gutverdienende Arbeitnehmer kommen in den Ruhestand und Migranten, die verstärkt auf Sozialleistungen angewiesen sind, belasten die Kassen überproportional. Ein Bürgergeldempfänger bringt der Kasse gerade einmal 109,48 Euro, während die AOK einen Deckungsbeitrag von 311,45 Euro benötigt.
Für das Jahr 2024 wird ein Defizit von mehr als sechs Milliarden Euro bei der gesetzlichen Krankenversicherung prognostiziert, wobei die Ersatzkassen am stärksten betroffen sind. Der stetige Anstieg der Gesundheitsausgaben wird zusätzlich durch den demografischen Wandel verschärft, da ältere Menschen höhere Kosten verursachen.
Die geplante Krankenhausreform von Karl Lauterbach, die zur Senkung der Krankenhauskosten beitragen soll, sieht vor, dass auch die gesetzlichen Krankenkassen einen erheblichen Teil der Finanzierung übernehmen. Dies könnte die Beitragssätze der Kassen bis spätestens 2026 weiter in die Höhe treiben. Letztlich führt diese Entwicklung dazu, dass die Bundesregierung notwendige Finanzierungsanpassungen im Gesundheitswesen vorantreibt, ohne dies klar zu kommunizieren. Die Versicherten werden somit Stück für Stück mit höheren Beiträgen konfrontiert.