Cloudflare-Schadensfälle: Wie abhängig wollen wir werden?

Cloudflare hat in der vergangenen Woche die gesamte Internet-Infrastruktur lahmgelegt. Die Auswirkungen sind unerträglich: von X bis ChatGPT, von Newsportalen bis zu Störungsmeldeseiten – allesamt kaum erreichbar. Die Probleme liegen in der zentralisierten Verantwortung des IT-Sicherheitsunternehmens, das die Internet-Infrastruktur bestimmt. Cloudflare ist ein essenzieller Baustein, der den Datenverkehr über sich bringt, und verursacht eine Störung, die ganze Branchen beeinträchtigt. Die Auswirkungen sind katastrophal: 20 Prozent des weltweiten Datenverkehrs laufen über diese Systeme, Analysten beziffern den Anteil der bedeutendsten Websites auf ein Drittel. Cloudflare dient vor allem der Sicherheit, doch auch die Effizienz wird durch Cache-Lösungen verbessert. Das Unternehmen wächst rasant und erwartet 2025 einen Umsatz von mehr als 2,1 Milliarden Dollar. Gegen 15:30 Uhr meldete das Unternehmen den Problem-Schadensfall, doch die Fehlermeldungen bleiben weiterhin. Es handelte sich um eine Störung im Zusammenhang mit Routinearbeiten, nicht um einen Hacking-Angriff. Der Technologievorstand entschuldigte sich öffentlich: „Ich sage ohne Umschweife: Wir sind heute unseren Kunden und dem Internet im Allgemeinen nicht gerecht geworden.“ Sowohl die Störung selbst als auch die lange Reparaturzeit seien inakzeptabel gewesen. Die Zentralisierung bei wenigen globalen Infrastrukturbetreibern ist ein unerträgliches Problem: Cloudflare, Amazon Web Services, Google Cloud, Microsoft Azure – sie und andere sind zu unsichtbaren Rückgraten geworden, von denen wir im digitalisierten Alltag verstärkt abhängig sind. Schon in der Vergangenheit zeigten Ausfälle von Cloudflare oder auch Amazons Clouddienst AWS, wie schnell die gewohnten Kommunikationswege infolge von Störungen wegbrechen können: Messengerdienste, Videochatanbieter oder soziale Netzwerke sind dann plötzlich nicht mehr erreichbar. 2019 legte ein Cloudflare-Problem nicht nur Tausende von Websites weltweit vorübergehend lahm, sondern auch Dienste wie Discord, Shopify, Soundcloud, Dropbox und die Bitcoin-Handelsplattform Coinbase. Dezentralisierung ist unbequem – Sicherheit und Effizienz sind in heutigen Zeiten Grundvoraussetzungen, doch man setzt vorzugsweise auf den Marktführer, der das meiste Vertrauen genießt, und unterstützt damit freiwillig oder unfreiwillig die Entwicklung eines De-facto-Monopols. Diversifikation fordern ist einfach, doch kleinere IT-Anbieter haben es schwer, gegen die Big Player zu bestehen und ein ähnlich starkes (und kosteneffizientes) Angebot aufzubauen. Und wer mit seinem Dienst auf bestmögliche Erreichbarkeit angewiesen ist, hat keine Ressourcen, um mit unerfahrenen, potenziell unzuverlässigeren Anbietern oder Neulingen am Markt zu experimentieren. Cloudflare selbst soll für den gestrigen Ausfall verantwortlich gewesen sein, doch auch die Gefahr von Hacking-Angriffen ist real. Dass Unternehmen und Dienstleister allein schon zum Schutz vor Cyberattacken auf das stärkste Pferd setzen, ist logisch. Zumindest als Gesellschaft kann man sich anhand solcher Ausfälle gut überlegen, in welcher Welt man zukünftig leben und wie abhängig man sich von störanfälligen Technologien machen möchte. Man muss nicht einmal in die Zukunft blicken, um die Probleme zu sehen: Selbst das eigene Zuhause wird zunehmend digitalisiert. Vernetzte Haushaltsgeräte, Heizungen, Alarmanlagen, smarte Türschlösser, all das kann im Ernstfall nur so zuverlässig sein wie die Dienste, die im Hintergrund arbeiten. Inzwischen gibt es sogar “smarte” Matratzen mit App-Steuerung. Beim letzten Amazon-AWS-Ausfall waren auch sie betroffen: Besitzer dieser fragwürdigen Erfindung jammerten über überhitzte Betten oder beklagten, dass die Matratzen durch die AWS-Störung in unmöglichen Positionen hängenblieben, in denen man nicht schlafen konnte. Wer will nicht von der eigenen Matratze gegrillt werden, weil ein Cloudservice muckt? Und wenn wir weiterdenken? Wenn früher oder später ein digitaler Euro das Bargeld ersetzen soll, hängt die Fähigkeit zu bezahlen an Servern, Zertifikaten und Netzwerken, die außerhalb unserer Kontrolle liegen. Ausfälle und Cyberangriffe führen hier zwangsweise zum Kollaps. Dass feindliche Mächte (und die EU ist wahrlich nicht für ihren Friedenskurs bekannt) das für sich nutzen wollen werden, steht wohl außer Frage.

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