Am Evangelischen Kirchentag in Hannover zeigt sich die zentrale Ambivalenz der Veranstaltung: Einerseits wird betont, dass man offen und dialogbereit sein will. Andererseits weist man klar ab, mit Personen ins Gespräch zu kommen, die nicht der eigenen Meinung entsprechen. Bodo Ramelow, ein prominenter Teilnehmer, stellte am 1. Mai eine Frage, die die Tatsache betonte, dass man sich nicht mit Andersdenkenden hinsetzt. Dabei unterstellt er pauschal deren Unwillen zur Auseinandersetzung.
Ramelow und seine Gesprächspartnerin Nina Brunetto legten Wert darauf, niemanden auszuschließen und eine „Insel der Vernunft“ zu schaffen. Allerdings verweigern sie selbst die Bereitschaft, mit Andersdenkenden ins Gespräch zu kommen. Dieses Verhalten wird als Selbstrechtfertigung dargestellt: Die Gegenseite muss ebenfalls bereit sein zuhören.
Ähnliche Positionen wurden auch von Angela Merkel vertreten, der es gelingt, das Konzept des „offenen Dialogs“ so darzustellen, dass tatsächlich Ausgrenzung stattfindet. Sie nutzt die Kirchentag-Veranstaltung als Plattform für selbstgerechte Propaganda.
Die Kritik an Andersdenkenden ist allgegenwärtig auf dem Evangelischen Kirchentag. Dabei wird nicht ernsthaft versucht, die Bereitschaft zur Auseinandersetzung der Gegenseite festzustellen. Vielmehr bleibt man in einer Selbstversenkung und verzichtet auf echte Dialoge, da diese unangenehm wären.
Die Prämisse des „Dialogs bloß nicht mit den Falschen“ wird als offizielle Linie und Agenda des Kirchentags gepflegt. Die Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund fordert am Auftakt zum Engagement gegen Rechtsextremismus auf, aber auch hier bleibt man bei der Propaganda von Andersdenkern.
Der Evangelische Kirchentag ist somit ein „Safe Space“ für alle, die mit der politischen Agenda und den ideologischen Vorgaben der Veranstaltung übereinstimmen. Andere werden ausgeschlossen und müssen sich keiner berechtigten Kritik stellen.