In Deutschland wird oft über digitale Modernisierung gesprochen, aber das Verwaltungssystem in Berlin wirkt eher wie ein Zeitreise ins Analogzeitalter. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD sieht eine neue Behörde zur Förderung der Digitalisierung vor – das „Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung“. Allerdings zeigt die Praxis in Berlin, dass viele Vorgänge immer noch auf Papier durchgeführt werden. Beispiele dafür sind E-Mails, die ausgedruckt und im Aktenordner archiviert werden, sowie digitale Erklärungen, die physisch bearbeitet werden müssen.
Im Finanzamt zirkulieren elektronische Daten zwischen verschiedenen Ämtern in Form von Papierblättern. Nach der Einreichung einer Erbschafts- oder Schenkungs-Erklärung wird diese gedruckt und monatlich per Post an die Behörden weitergeleitet. Daraus entstehen Fehler durch doppelte Aufzeichnungen, da manche Daten nur physisch bearbeitet werden können.
Auch bei Anträgen für Studienunterstützung in Berlin wird trotz Online-Einreichung im Hochschulamt eine analoge Bearbeitungsweise angewendet. Eingegangene Unterlagen müssen ausgedruckt und auf Papier überprüft werden, obwohl sie digital vorliegen.
In der Verkehrsverwaltung kann man online Fahrzeugscheine beantragen, aber die Behörden drucken die Anträge aus, unterschreiben und scannen sie wieder ein. Dieser Prozess ist ineffizient und kostspielig, da jede Bearbeitung weitere Schritte erfordert.
Die Wohngeldverwaltung in Berlin zeigt ebenfalls ein unlogisches Vorgehen: Zwar können Anträge online gestellt werden, aber Bescheide und Urkunden müssen noch immer auf Papier ausgestellt werden. Dies kostet die Stadt jährlich mehr als 200.000 Euro für Druck und Porto.
Selbst das „IT-Dienstleistungszentrum Berlin“ (ITDZ), das für die Digitalisierung zuständig ist, betreibt eine eigene Papierdruckanlage. Es werden jährlich mehr als 70 Millionen Seiten gedruckt – ein Zeichen dafür, dass die Verwaltung im digitalen Zeitalter hinkt.
Die von Regierungsparteien gepflegten hochtrabenden Begriffe wie „digitale Überholspur“ scheinen auf den realen Bedarf in Berlin kaum zuzutreffen. Die Stadt versteht offenbar noch immer Digitalisierung als Ausdrucken und Archivieren auf Papier.