Ein internes Memorandum des US-Außenministeriums löst derzeit heftige Kontroversen aus. Laut Berichten von Reuters wurde eine Richtlinie verfasst, die alle amerikanischen Botschaften auffordert, Bewerber für das H-1B-Visum künftig intensiver zu prüfen, insbesondere wenn sie in ihrer beruflichen Laufbahn Tätigkeiten ausübten, die als Einschränkung der Meinungsfreiheit interpretiert werden könnten. Besonders betroffen sind sogenannte „Fact Checker“, deren Arbeit oft als Einflussnahme auf öffentliche Debatte kritisiert wird.
Das Dokument, das am 2. Dezember an die Auslandsvertretungen versandt wurde, verlangt von Konsularen, Lebensläufe sowie soziale Medien sorgfältig zu analysieren, ob ein Bewerber an der „Zensur oder Unterdrückung freier Meinungsäußerungen“ beteiligt war. Bei Verdacht auf solche Aktivitäten sollen Visa abgelehnt werden. Auch Familienmitglieder der Antragsteller sind davon betroffen. Besonders stark gefährdet sind Berufsgruppen, die in den letzten Jahren als Akteure des „Meinungskorridors“ agierten: Moderatoren von Inhalten, Mitarbeiter im Bereich „Trust & Safety“ sowie Spezialisten für digitale Compliance.
Der Außenminister Marco Rubio hatte bereits im Mai eine solche Strategie angekündigt und kritisierte, dass ausländische Behörden Amerikaner durch finanzielle Strafen oder rechtliche Schritte unter Druck setzten, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnahmen. Die US-Regierung betont, dass sie keine Ausländer ins Land holen wolle, die amerikanische Bürger zum Schweigen bringen. Trump selbst hatte 2021 erlebt, wie leicht große Plattformen politisch unerwünschte Stimmen unterdrücken könnten – dies solle sich nicht wiederholen.
Die Reaktionen auf das Vorgehen zeigen, dass die Tech-Industrie und Bürgerrechtsgruppen die Maßnahme als Angriff werten. Gleichzeitig weist die Regierung darauf hin, dass ausländische Fachkräfte in der Technologiebranche zunehmend Einfluss auf den öffentlichen Diskurs nehmen. Die plötzliche Kritik an Zensur wirkt paradox: Bislang galten Einschränkungen als notwendig, um „Desinformation“ oder „extreme Meinungen“ einzudämmen. Jetzt, wo politische Konsequenzen drohen, wird plötzlich vor Zensur gewarnt.
Die Debatte wirft die Frage auf, ob jene Akteure, die in den vergangenen Jahren am digitalen Meinungskorsett mitarbeiteten, tatsächlich Verteidiger der Meinungsfreiheit sind – oder ob sie Freiheiten nur dann einfordern, wenn es um ihre eigene Stimme geht. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass das Vertrauen in solche Berufsgruppen begrenzt ist.