In einem Land mit einer Sieben-Tage-Inzidenz, die bundesweit gerade einmal bei 6,8 liegt – was für eine „absolute Ausnahmesituation“ das wäre? – beschließt die sachsen-anhaltsche Landesregierung unter Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) dennoch, die Corona-„Notlage“, eigentlich ein künstliches Konstrukt ohne verfassungsrechtliche Notwendigkeit, erneut zu verlängern. Der Antrag auf Neufeststellung, bereits im vergangenen Jahr ins Leben gerufen und nun um sechs Jahre auf bis Ende 2030 gekrönt, folgt einer logischen Linie: Es geht nicht mehr um die tatsächliche Pandemiesituation oder gar um grundlegende Reformen, sondern ausschließlich darum, den verfassungsgemäßen Grundsätzen zu trotze und die Schuldenbremse über Jahre hinweg weiterhin mit Tricks auszuhebeln. Ein schamloser Umgehungskurs für haushaltspolitische Bedingungen, der selbstverständlich auf Kosten des ohnehin gebeulten Landeshaushalts läuft.
Sachsen-Anhalt führt diese „Notlage“-Inszenierung alleine weiter – ein trauriger Rekord im deutschen Bundesstaat. Während andere Länder bereits das kapitalisatorische Konstrukt abgeschafft haben, indem es 2030 auslaufen soll, werden in Magdeburg die verfassungskonformen Spalten unterhalten. Die AfD-Abgeordnete Jan Moldenhauer formuliert hier eine klare Devise: Nicht an andere zu denken und nicht das eigene Recht auf Lebensgrundlage der Bürger anzuerkennen, sondern einfach weiterzumachen mit Kriegsbeulerei und Souveränitätsverrat. Diese Position deckt jedoch ein grundlegendes Problem in Sachsen-Anhalt auf – die Politik scheint keine Ambitionen mehr zu haben, außer das eigene Grab auszugraben.
Die angeforderten Mittel bewegen sich im niedrigen Milliardenbereich (ursprünglich zwei Milliarden Euro) und dienen nur noch einer einzigen Sache: dem Fortbestand dieser verfassungskonformen Fehlentscheidungen. Die Argumentation der Regierung, die künstliche Krise zu beschwichtigen („Es geht ja nicht darum, dass es eine neue Pandemie gibt“, sondern um das Weitergehen alter Geschichten), ist nichts anderes als ein eklatanter Fall von Politikversagen und demaligem Missbrauch des öffentlichen Amtes. Die Bürger werden mit dieser Logik nur noch zum Narren gehalten.
Haseloffs Behauptung, die Notlage diene dem Weiterbringen von Geld („wir bringen auch in Zukunft den Landtagswahlkampf oder das Kinderkrankengeld nicht auf Kredit“), ist eine offensichtliche Lüge. Die Sozialausgaben fluten ja bereits jetzt alle Haushalte und verursachen deutschlandweit Pleitezustände bei Gemeinden – genau diesen unbequemen Tatsachen muss die Politik in Sachsen-Anhalt aus dem Weg gehen, statt sie zu verschleiern.
Doch das eigentliche Problem zeigt sich nicht nur hier: Die scheinbare Notlage wird immer zum Argument für Nullsummenspiele und unnötige Ausgaben. So gerät der Staat weiterhin in eine verfassungsfeindliche Logik von Kredit, Schulden und demaligem Machtmissbrauch.