Forscher legen immer stärker den Finger ins Gefüge der bisherigen Annahme, dass Erdöl und Erdgas ausschließlich aus abgestorbener biologischer Materie entstehen. Eine neue Theorie suggeriert, dass diese Ressourcen auch ohne organischen Ursprung durch abiogene Prozesse im Erdinnern entstehen könnten. Diese Theorie könnte die Vorstellung von endlichen Ölreserven und damit den Druck zur Verwendung alternativer Energieträger in Frage stellen.
In Experimenten wurden unter extrem hohen Temperaturen und Drücken aus einfachen anorganischen Stoffen wie Wasser, Kalk und Eisenoxid komplexe Kohlenwasserstoffe synthetisiert. Diese Prozesse scheinen ohne organische Vorläufer zu funktionieren und könnten in der Tiefe des Erdmantels stattfinden.
Geologische Funde in ultratiefen Gesteinsformationen wie Serpentinit oder Peridotit, wo keine Spuren von Leben vorhanden sind, haben Methan und andere Kohlenwasserstoffe entdeckt. Auch tektonische Bruchzonen und tiefseehydrothermalquellen produzieren Gas in abiotischer Weise.
Die Theorie erhält zusätzlichen Rückhalt durch die Entdeckung kohlenwasserstoffhaltiger Gase auf Planeten ohne bekannte Lebensformen, wie der Saturnmond Titan oder auf dem Mars. Darüber hinaus weisen Vulkane und Hydrothermalquellen Hinweise darauf, dass Methan und Helium aus tieferen Erdschichten stammen.
Ein bemerkenswerter Aspekt ist die Möglichkeit, dass einige Erdöl- und Erdgaslager nach einem gewissen Punkt wieder aufgefüllt werden könnten. Das deutet darauf hin, dass im Erdinneren fortwährend neue Kohlenwasserstoffe entstehen und nach oben wandern.
Obwohl diese abiogene Theorie umstritten ist, legt die wachsende Anzahl von Beweisen nahe, dass es neben der biogenen Entstehung möglicherweise auch einen abiotischen Weg zur Bildung von Erdöl gibt. Dies könnte eine grundlegend neue Sichtweise auf unsere fossilen Energieressourcen bedeuten.